Österreich : Neues Energieeffizienz-Gesetz in Begutachtung

„Für eine nachhaltige Energiewende ist der effizientere und sparsamere Einsatz von Energie noch wichtiger als der Ausbau der Erneuerbaren. Damit werden wir langfristig unabhängiger von Energieimporten, stärken die Versorgungssicherheit und verringern den CO2-Ausstoß“, sagt Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner. „Mit dem neuen Entwurf schlagen wir eine ausgewogene Lösung vor, die den effizienteren Einsatz von Energie forciert und auch die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts berücksichtigt. Auf dieser Basis können wir Österreichs Vorreiterrolle weiter ausbauen und Wachstum und Arbeitsplätze im Land sichern und schaffen“, so Mitterlehner. Der Gesetzesentwurf Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass der Endenergieverbrauch in Österreich bis zum Jahr 2020 bei einem Wert von 1.100 Petajoule stabilisiert werden soll, wobei es sich dabei um ein indikatives Ziel handelt, wie es die EU-Richtlinie vorsieht (Anm.d.Red.: Das ist einer der Kritikpunkte am neuen Entwurf). Gemäß den letzten verfügbaren Zahlen (2012) liegt Österreich derzeit leicht unter diesem Wert, weil der Energieverbrauch in den vergangenen Jahren erfolgreich vom Wachstum entkoppelt werden konnte. Dennoch sind in Zukunft weitere Maßnahmen notwendig, weshalb im Gesetz eine Reduktion um kumulierte 218 Petajoule bis 2020 vorgesehen ist. Lieferanten sollen Kunden beim Energiesparen unterstützen Die Richtlinie sieht weiters vor, dass die Energieeffizienz bei Endkonsumenten pro Jahr um 1,5 % gesteigert werden soll. Dafür kann sich Österreich als Vorreiterland sowohl nach 2008 gesetzte Maßnahmen („early actions“) anrechnen lassen als auch laufende strategische Maßnahmen und Effizienzförderungen wie zum Beispiel die thermische Sanierung. Die Behandlung der strategischen Maßnahmen basiert auf einer Konkretisierung der Richtlinie durch die EU-Kommission im Herbst des Vorjahres und war daher im ersten Gesetzesvorschlag nicht enthalten. Energielieferanten in der Pflicht Einen wesentlichen Beitrag müssen − wie in der EU-Richtlinie vorgesehen − die Energielieferanten leisten, indem sie 0,6 % des gemittelten Energieabsatzes an ihre Endkunden über die Jahre 2010 bis 2012 bei sich selbst oder ihren Kunden als jährliche Effizienzmaßnahme darstellen können (Anm.d. Red.: Das ist einer der Kritikpunkte des derzeitigen Entwurfs seitens der Wirtschaftskammer). 40 % davon müssen bei Haushalten erbracht werden. Verbesserungen bei einkommensschwachen Haushalten werden mit dem Faktor 1,5 gewichtet − diese Kunden sollen besonders profitieren. Um der Energiearmut zusätzlich entgegen zu wirken, sollen größere Energieversorgungsunternehmen eine Anlauf- und Beratungsstelle zu Energieeffizienz, Verbrauch, Kosten und Energiearmut einrichten. Alle Energieträger samt Verkehr umfasst Durch die Einbeziehung der Energielieferanten sind alle Energieträger umfasst, also über Mineralölhändler und Tankstellen auch der Verkehr.

Ähnliche Lieferantenverpflichtungen setzen Länder wie Großbritannien, Frankreich oder Italien um. Die Lieferanten bieten ihren Kunden schon heute Effizienzmaßnahmen an und haben das entsprechende Know-how durch Umsetzungserfordernisse aus der früheren Effizienz-Richtlinie. Sie stehen im Wettbewerb, haben daher einen Kosteneffizienzdruck und können zudem eine Kundenbindung als Energie-Service-Dienstleister aufbauen.

Bereits in der Praxis erprobte Beispiele für mögliche Maßnahmen sind Gerätetauschaktionen, Stromsparpakete, LED Lampen-Aktionen, Einsatz von Standby-Killern, ein Technologie-Check für große Energieverbraucher oder Energieeffizienzgutscheine.

Hingegen könnten über eine Verpflichtung der Netzbetreiber nur leitungsgebundene Energieträger (Strom und Gas) berücksichtigt werden, also würden zum Beispiel Heizöl und Kohle herausfallen (so die Argumentation des Wirtschaftsministeriums). Zudem würde es keinen ausreichenden Anreiz geben, die kostenoptimalsten Effizienzmaßnahmen zu setzen: denn die Netzbetreiber unterliegen als natürliche Monopolisten keinem Wettbewerbsdruck, da ihre Kunden nicht wechseln können. Option externer Energieeffizienz-Dienstleister Sollten die Vorgaben nicht erfüllt werden können, haben die Energieversorgungsunternehmen die Option, einen externen Energieeffizienz-Dienstleister mit dieser Aufgabe zu betrauen. Damit kann die Verpflichtung möglichst kosteneffizient erfüllt werden und es sollte ein neuer Dienstleistungsmarkt mit zusätzlichen Arbeitsplätzen ermöglicht werden.

Durch diesen neuen Ansatz entfällt auch die ursprünglich vorgesehene Ausgleichszahlung. Eine weitere Erleichterung ist (laut Wirtschaftsministerium), dass kleine Energielieferanten bis zu einer Endkundenabgabe von 70 GWh pro Jahr die Möglichkeit haben, ihre 0,6-Prozent-Verpflichtung im Rahmen einer Branchenvereinbarung (koordinierte Aufteilung) zu erfüllen. Erst wenn sie das gemeinsame Ziel verfehlen, würde die individuelle Vorgabe in Kraft treten. Sehr kleine Lieferanten unter einer Endkundenabgabe von 10 GWh sind vom Verpflichtungssystem komplett befreit.

Energie-Audits und -Managementsysteme für große Unternehmen

Als weitere Maßnahme müssen, um der EU-Richtlinie zu entsprechen, große Unternehmen (ab 250 Beschäftigten) künftig entweder ein Energiemanagementsystem einführen oder alle vier Jahre ein Energieaudit machen. Diese Maßnahmen zeigen betriebliche Effizienzpotenziale auf, die im Anschluss - wenn technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar - umgesetzt werden können.

Keine Verpflichtung gibt es für kleine und mittlere Unternehmen, wobei freiwillig durchgeführte Energieberatungen und deren Ergebnisse auf die Ziele der Richtlinie angerechnet werden können. Die ursprünglich vorgesehene Verpflichtung von rund 16.000 Unternehmen über Sektorziele entfällt einerseits aufgrund des für die Erfassung notwendigen bürokratischen Aufwands und andererseits weil vor allem ETS-Unternehmen aufgrund des Zertifikatehandels und des internationalen Kostendrucks ihre Potenziale oft schon ausgereizt haben. „Das ist auch im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts“, betont Mitterlehner.

Bund erfüllt Vorgaben der EU-Richtlinie

Gemäß EU-Richtlinie muss der Bund in seinen Gebäuden der Zentralverwaltung jährlich ein Sanierungsziel von 3 % erreichen. Dafür können nicht nur thermische Sanierungen angerechnet werden, sondern auch Maßnahmen im Bereich der gebäudetechnischen Ausrüstung und des Betriebs wie zum Beispiel ein Energieeinspar-Contracting oder Energiemanagementmaßnahmen. Damit sind auch Effizienzmaßnahmen bei denkmalgeschützten Bundesgebäuden möglich.

Als ausgegliederte Stelle fällt die Bundesimmobiliengesellschaft(BIG) nicht unter die von der EU-Richtlinie vorgegebene Definition der Zentralverwaltung, unterliegt aber den gleichen Regeln (z.B. bezüglich verpflichtender Audits) wie andere Unternehmen (Anm.d.Red.: das ist u. a. einer der Kritikpunkte am jetzigen Entwurf). Unabhängig davon gibt es weiterhin starke Anstrengungen der BIG bei der thermischen Sanierung, so die Argumentation des Wirtschaftsministeriums. Daher seien schon heute zwei Drittel der Flächen in einem guten thermischen Zustand.