Reaktionen : Klimapaket: Zwischen "fluglahmem Flickenteppich" und "reicht nicht"

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© Roman Stetsyk - stock.adobe.com

Die deutsche Solarbranche ist erleichtert über die Aufhebung des Solardach-Deckels, kritisiert aber, dass das Papier der deutschen Bundesregierung über weite Strecken vage bleibt:

"Die Konkretisierung der Eckpunkte und der vereinbarte jährliche Monitoring-Prozess zur Einhaltung der Sektorziele wird hoffentlich zeigen, ob die Bundesregierung endlich die Reißleinen verfügbarer Fallschirme zieht. Denn nur armerudernd lässt sich der freie Fall in die Klimakatastrophe nicht abfangen", kommentiert der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, Carsten Körnig, die Klimaschutz-Eckpunkte.

Der BSW befürchtet, dass die riesigen Klimaschutzpotenziale im Gebäudesektor weiter größtenteils brach liegen werden. "Der Versuch, einen schlafenden Riesen im Flüsterton zu wecken, ist vermutlich zum Scheitern verurteilt", so Körnig. Den Einstieg in die Bepreisung von Kohlendioxid im Wärmesektor bezeichnet der BSW als erfreulich. Allerdings wird die starke Deckelung von CO2-Preisen - weit unter den tatsächlichen Klimafolgekosten - bei gleichzeitig weitgehendem Verzicht auf gesetzliche Mindeststandards der Herausforderung nicht gerecht. "Gegen diese strukturellen Defizite der Klima- und Energiepolitik wird die Bundesregierung nicht ansubventionieren können", so Körnig.

Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie dagegen spricht von einem "starken Zeichen für den Heizungstausch":

"Die von unserer Branche und der Energiewirtschaft seit langem geforderten steuerlichen Anreize für die energetische Modernisierung des veralteten Gebäudebestands kommen tatsächlich und werden besonders den Tausch der 12 Mio. Heizkessel in deutschen Kellern beschleunigen", so Uwe Glock, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie, BDH. Auch die von der Bundesregierung beschlossene "Austauschprämie für Ölkessel und andere ausschließlich auf fossiler Basis betriebene Heizungen" nennt der Verband ein geeignetes Instrument, die immensen CO2-Minderungspotenziale, die ein Heizungstausch bietet, endlich zu mobilisieren.

BDH Hauptgeschäftsführer Andreas Lücke: "Nach Publizierung dieser Eckpunkte bedarf es nunmehr einer raschen Konkretisierung der Beschlüsse, damit Investoren, Industrie und Handwerk schnell Gewissheit über die Rahmenbedingungen erhalten und das Klimaschutzprojekt sofort gestartet werden kann. Ein wichtiger inhaltlicher Punkt ist, dass die Bundesregierung technologieoffen alle von der EU mit einem A-Label gekennzeichneten Effizienztechnologien in die Förderung einbezieht".

Immerhin einen "Einstieg in einen Kurswechsel" ortet Andreas Kuhlmann, Chef der Deutschen Energie-Agentur:

"Das Klimapaket der Bundesregierung kann ein Einstieg in einen Kurswechsel sein. Die dafür nötigen Instrumente sind enthalten: eine Bepreisung von CO2 und eine Flankierung durch vielfältige Programme, die Wechseloptionen für Verbraucher und Industrie schaffen. Viele aber haben sich insbesondere bei der Ausgestaltung des ökonomischen Rahmens deutlich mehr gewünscht, damit neue klimafreundliche Geschäftsmodelle und Technologien noch schneller in den Markt kommen können. Das, was heute politisch möglich war, ist sehr wahrscheinlich noch nicht genug, um die Klimaziele 2030 zu erreichen.

Deshalb kommt es jetzt darauf an, die Bundesregierung beim Wort zu nehmen: Die Klimaziele sollen mit dem Klimaschutzprogramm auf jeden Fall eingehalten werden. Bundestag und Bundesrat haben die Chance, das heute vorgestellte Konzept weiterzuentwickeln. Mit einem starken Monitoring will sich die Bundesregierung eine neue Verbindlichkeit und die Möglichkeit zum Nachsteuern geben. Das ist ein guter Ansatz. Damit kann der Einstieg in den Kurswechsel gelingen.“

Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie, sieht das Klimapaket der Bundesregierung nicht als "großen Wurf":

„Die vielen kleinteiligen Ansätze reichen bei weitem nicht aus, um die deutschen Klimaschutz- und Erneuerbaren-Ziele zu erreichen. Ein Einstiegspreis von lediglich 10 Euro für CO2 ist ein Offenbarungseid für die Mutlosigkeit der Bundesregierung. So kann die CO2-Bepreisung keine ökologische Lenkungswirkung entfalten, zementiert Subventionen für fossile Energieträger und wird den tatsächlichen Kosten, die CO2 verursacht, nicht im Ansatz gerecht. Damit bleiben saubere Technologien weit unter ihren Möglichkeiten.“

„Mit den heutigen Ankündigungen wird das 65%-Ausbauziel zur Makulatur“, so die BEE-Präsidentin. Im Stromsektor sieht die Bundesregierung gar keine CO2-Bepreisung jenseits des Europäischen Emissionshandels vor. Da dieser nur einen kleinen Bruchteil der CO2-Kosten abdeckt, bleiben die Wettbewerbsvorteile für fossile Energieträger bestehen – allen Klimaschutzbeteuerungen zum Trotz. „Es droht eine Ökostromlücke, die den Industriestandort Deutschland bedroht“, befürchtet Peter.

Zwar sei es erfreulich, dass der 52GW-Deckel für Photovoltaik endlich gestrichen wird. Unklar bleibe jedoch, in welchem Umfang Photovoltaik ausgebaut werden soll. Völlig offen sei auch, ob mit dem Maßnahmenpaket die ebenfalls gewaltigen Potenziale der Solarthermie für die Raum- und Prozesswärme gehoben werden.

Unter dem Vorwand fehlender Akzeptanz habe das Klimakabinett pauschale Abstandsregelungen für die Windenergie an Land festgelegt, die die Flächenkulisse massiv beschneiden. Das werde den Ausbau der Windenergie weiter einschränken. Die Anhebung der Offshore-Ziele von 15 GW auf 20 GW könne den drohenden Einbruch der Onshore Windenergie, bei der die vorgesehenen Ausbauziele im Konzept überhaupt keine Erwähnung fänden, in keiner Weise abfedern. „Eine wichtige Stütze der Energiewende wird so entgegen aller Beteuerungen in Gefahr gebracht. Das gefährdet nicht nur die Klimaziele 2030, sondern auch einen innovativen Industriestandort.“

Für den Wärmesektor fehlten im Konzept wirksame Impulse, um den Umstieg auf Erneuerbare Energien anzureizen. „Dass es bis 2025 möglich bleiben soll, neue klimaschädliche Ölheizungen zu installieren, steht in direktem Widerspruch zu der Ankündigung, fossile Energieträger zu verteuern“, so Peter. „Auf keinen Fall dürfen rein fossile Heizungen weiterhin staatlich gefördert werden. Mit modernen Holzfeuerungen, Wärmepumpen und Solarthermieanlagen stehen seit Jahren bereits erneuerbare Technologien für Heizungstausch und Neubau bereit.“

Die Bundesregierung müsse "nachliefern", fordert indes die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz:

Insbesondere der beschlossene zunächst niedrige CO2-Preis erfordere, dass die Bundesregierung mit der im Koalitionsvertrag angekündigten Energieeffizienzstrategie deutlich nachlegt, so der Verband. Dass von dieser in den Eckpunkten keine Rede ist, sei „erschreckend“. Auch fehlten etwa schnellere Abschreibungsmöglichkeiten für Effizienzinvestitionen in der Industrie, die in Vorentwürfen noch enthalten waren. Über ambitioniertere Gebäudeenergiestandards soll nun frühestens 2023 beraten werden.

Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF: „Die Einigung im Klimakabinett bringt einzelne, wichtige Maßnahmen auf den Weg. Für eine effiziente Energiewende reicht das bei Weitem nicht. Eine konsequente Energieeffizienzstrategie ist längst überfällig und muss endlich ambitionierte und verbindliche Energieeffizienzziele festschreiben. Das sie nun nicht einmal mehr erwähnt wird, obwohl Sie Teil des Koalitionsvertrages ist, ist erschreckend! Eine so halbgare Energiewendepolitik in Trippelschritten ist am Ende deutlich teurer für alle.“

Auch eine Folgenabschätzung des Bundesumweltministerium zeigt, dass ein energieeffizienzbetonter Zielpfad volkswirtschaftlich vorteilhaft ist. Er würde Gesellschaft und Wirtschaft entlasten und das Klima wirkungsvoll schützen, so der Noll. Bis 2030 könnten laut DENEFF durch zusätzliche Effizienzmaßnahmen zwischen 130 und 240 Megatonnen CO2-Äquivalente eingespart werden.

Insbesondere durch die geplante, anfänglich niedrige CO2-Bepreisrung müsse diese durch zielgenaue Instrumente ergänzt werden. Barrieren, die der Erhöhung der Energieeffizienz in Haushalten und Unternehmen im Weg stehen, müssen endlich beseitigt werden. Überdies sei es auch weiterhin dringend notwendig, dass auch kostenintensive Maßnahmen wie die Dekarbonisierung von Industrieprozessen und aufwendige Gebäudesanierungen umgesetzt würden. Für die tatsächliche Umsetzung der Steuerförderung für Eigenheimsanierer müssten nun dringend die Länder mit ins Boot geholt werden.

Außerdem sei eine Fachkräfteoffensive und die konsequente Nutzung der Digitalisierung für Effizienzsteigerungen notwendig. Auch diese Bereiche vernachlässige das Paket sträflich, so der Verband. Nach Ansicht der DENEFF ist es vollkommen unverantwortlich, dass das Wirtschaftsministerium die Energieeffizienzstrategie hinter andere Maßnahmen zurückgestellt habe.