Haben Sie schon einmal mit dem Gedanken gespielt ein Heizsystem an die Decke zu schrauben? Für Axel Lange, Geschäftsführer von Argillatherm, ist das sein tägliches Brot. Das Unternehmen hat eine Lehm-Rillenplatte entwickelt, die den Heizstrom im zu beheizenden Raum im Niedrigtemperaturbereich von maximal 29 Grad Celsius zu 100 Prozent in Strahlungswärme umwandelt.
HLK: Wie sind Sie dazu gekommen, Lehm als Material zu werden?
Lange: Das war ehrlich gesagt ein Zufall. Ich war früher Manager eines größeren Einkaufscenters und habe dort bei einem Umbau die Beton- und Fliesenarbeiten beobachtet. Zu dieser Zeit entstand auch gerade der Öko-Trend und ich dachte mir, da muss es doch eine umweltfreundlichere Lösung geben. Ich wollte ökologisch nachhaltig bauen und bin deshalb auf den Lehm als Baumaterial gestoßen.
Und dann ging es direkt an die Entwicklung?
Wir wollten eigentlich nie produzieren, sondern nur der Verarbeiter sein. Deshalb haben wir uns auf die Suche nach Wand- und Deckenheizlösungen aus Lehm gemacht, leider aber erfolglos. Somit war klar, dass wir das selber machen müssen und damit sind wir dann doch zum Produzenten geworden. Zu Beginn haben wir drei Patente eingereicht, damit sichergestellt ist, dass uns die Idee niemand wegnehmen kann. Vier bis fünf Jahre hat es dann gedauert, das Produkt zu fertigen.
Wie gestaltet sich die Produktion mit einem Naturrohstoff wie Lehm?
Es ist eine extreme Herausforderung, den Lehm zu bändigen. Gleichzeitig habe ich mir hohe Ziele gesetzt. Ich wollte ein Produkt, das für den professionellen Bereich geeignet ist und allen Normen und Richtlinien entspricht. Daraus entstand dann das System, das wir heute bei Argillatherm haben. Und im Endeffekt ist es nichts anderes wie eine Noppenmatte.
Wie funktioniert denn die Lehmklima-Decke?
Die Lehmplatte wird ganz einfach an der Decke befestigt und dann mit Rohren oder Heizkabeln ausgestattet. Wir legen die Rohre bis zum Heizkreisverteiler und dann wird das System mit Lehmspachtel abgedeckt. Das Heizsystem funktioniert genauso wie eine Fußbodenheizung, nur bringt es viel mehr Vorteile mit sich.
Welche Vorteile sind das?
Einerseits ist der Lehm an sich natürlich ein tolles Material mit wundervollen Eigenschaften. Er sorgt für einen Feuchtigkeitsausgleich im Innenraum, sodass das ganze Jahr über ein angenehmes Raumklima mit einer Luftfeuchte von 50 Prozent, die optimale Luftfeuchtigkeit also, herrscht. Andererseits sind unsere Lehmplatten extrem stabil. Unser Lehm besteht aus 33 Prozent aus hochaktiven Mineralien, die dann mit hohem Druck ineinander gepresst werden. Das macht den Lehm besonders bruchfest.
Und warum sollte man seine Heizung an die Decke schrauben, wenn man sie doch auch unter dem Fußboden verlegen kann?
Dafür muss man zuerst einmal das Prinzip der Fußbodenheizung verstehen: Die Luft wird knapp über dem Boden erwärmt und steigt dann auf. An der Decke kühlt die Luft dann wieder ab und sinkt zurück auf den Boden. Dadurch entsteht eine Luftverwirbelung, die wir Menschen als unangenehm empfinden. Bei der Deckenheizung kann die warme Luft nicht weiter aufsteigen, weshalb die Wärme mittels Strahlung übertragen wird. So wird der ganze Raum gleichmäßig erwärmt. Zudem ist das Konzept besonders energieeffizient.
Wie viel Energie kann denn mit einer Deckenheizung gespart werden?
Gegenüber einer Fußbodenheizung werden bei der Deckenheizung rund 20 Prozent Energie gespart. Vergleicht man die Deckenheizung mit herkömmlichen Heizkörpern, sind es sogar bis zu 60 Prozent. Das liegt daran, dass die Deckenheizung nicht wie eine Fußbodenheizung auf 45 Grad erwärmt werden muss. Meist reichen 25 Grad für eine Wohlfühltemperatur vollkommen aus. Und zusätzlich wird der Raum durch die ausgeglichene und nicht zu hohe Luftfeuchtigkeit als noch angenehmer empfunden.
Raumluftfeuchte, Luftverwirbelung und Strahlung: Das klingt nach jeder Menge Physik.
Ja, heizen ist nichts anderes als Physik. Bei uns arbeiten drei Diplomphysiker und ein promovierter Physiker. Für die Entwicklung einer guten Heizung braucht es genaue Berechnungen, die am besten von Physikern durchgeführt werden. Die Physik ist bei uns tagtägliche Realität.
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