Energiewende : EU-Haushalt ohne Klimaschutz-Ambitionen

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Kurz vor der Sondertagung des Europäischen Rates zum EU-Haushalt liegen die Klimaschutzversprechungen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die Vorschläge der Kommission zum EU-Haushalt weit auseinander. Nur 80 Milliarden Euro sind in dem Kommissionsvorschlag fest für Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen. Das entspricht gerade einmal drei Prozent des Investitionsbedarfs von insgesamt 2,4 Billionen Euro in den Sektoren Gebäude, Verkehr, Strom und Industrie, der zum Erreichen der derzeitigen europäischen Klimaziele erforderlich ist. Selbst im optimistischsten Fall, wenn weitere 595 Milliarden Euro – aus allen EU-Töpfen, die prinzipiell für Klimaschutzausgaben in diesen Sektoren verwendet werden können – von den Mitgliedsstaaten für Klimaschutzmaßnahmen abgerufen werden, wären immer noch weniger als ein Drittel des gesamten Investitionsbedarfs gedeckt. Dies geht aus einer Analyse im Auftrag von Agora Energiewende hervor.

„Die Mittel, die in den Vorschlägen für das neue EU-Budget fest für Klimaschutz vorgesehen sind, reichen bei weitem nicht aus. Die Regierungen und das Europäische Parlament müssen hier deutlich nachlegen. Der Wiederaufbau der Wirtschaft und der Klimaschutz müssen Hand in Hand gehen, um die geplante Erhöhung der europäischen Klimaziele bis 2030 zu ermöglichen“, sagt Matthias Buck, Leiter Europäische Energiepolitik bei Agora Energiewende. „In dem Vorschlag der EU-Kommission ist es den Mitgliedstaaten weitestgehend selbst überlassen, ob sie EU-Gelder in den kommenden Jahren für Klimaschutzmaßnahmen verwenden. Damit riskiert die EU Fehlinvestitionen und verpasst die Weichenstellung in Richtung Klimaneutralität.“

Klimaschutzlücke im neuen EU-Haushalt

Der in der Agora-Analyse ermittelte Investitionsbedarf in Höhe von 2.4 Billionen Euro berücksichtigt die Klimaschutzausgaben, die bis 2027 zum Beispiel für den Anschub der energetischen Gebäudesanierung, den Ausbau des europäischen Bahnstreckennetzes und der Ladeinfrastruktur für Elektroautos, für das Hochfahren der Wasserstoffindustrie und für die klimaneutrale Umstellung europäischer Fabriken notwendig wären - also für solche Investitionen in klimafreundliche Technologien, die politische Unterstützung brauchen, um sich EU-weit etablieren zu können. Dieser Investitionsbedarf ist auf der Grundlage der aktuellen Energie- und Klimaziele für 2030 berechnet worden; nach dem Brexit müssen die verbleibenden 27 Mitgliedsstaaten ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um rund 44 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Die Investitionslücke fällt entsprechend höher aus, wenn die EU ihr Treibhausgasminderungsziel auf minus 55 Prozent oder mehr anhebt.

Kein höheres Budget notwendig

„Wir brauchen kein höheres EU-Budget, aber der Anteil, der daraus in den Klimaschutz fließt, muss wachsen“, sagt Buck. Statt der 25 Prozent, die die Kommission aus den neuen EU-Budgets für Klimaschutzinvestitionen vorgesehen hat, schlägt Agora die Erhöhung des Klimaanteils auf 40 Prozent vor. „Schließlich muss der Investitionsbedarf, der nicht durch EU-Gelder gedeckt wird, entweder durch nationale Mittel oder durch eine Verschärfung der gesetzlichen Anforderungen ausgeglichen werden. Wird der EU-Haushalt wie von der Kommission vorgeschlagen beschlossen, besteht ein sehr hohes Risiko, die EU-Klimapolitik und den Erfolg des europäischen Green Deal zu gefährden.“

Zudem schlägt Agora die Einführung einer Negativliste vor, mit der sichergestellt werden soll, dass mit EU-Geldern keine klimaschädlichen Projekte mehr gefördert werden. „Das Geld, das wir heute in die Wirtschaft stecken, prägt den Klimaschutz von morgen. Ein Hochofen, der jetzt gebaut wird, steht auch noch 2050. Und damit ist klar, weshalb der Klimaschutz im neuen EU-Budget mitgedacht werden muss“, sagt Buck. „Wir haben weder die Zeit noch die finanziellen Mittel, um den Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft und die Klimakrise nacheinander zu lösen.“ Am 17. Juli befasst sich der Europäische Rat mit dem Vorschlag der EU-Kommission über den kommenden Siebenjahreshaushalt der EU und mit dem Corona-Wiederaufbauprogramm.